„Grüner Genuss” auf Sportevents
interviewte Dipl.-Ing. Anna Strobach, die sich auf voller Linie für Nachhaltigkeit einsetzt.
Dipl.-Ing. Anna Strobach, Agrarökologin, Gründerin von ZUKUNFT ESSEN, Beraterin und Wegbereiterin für nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung, erklärt, wie nachhaltige Verköstigung bei Sportveranstaltungen gelingt.
Wofür steht ZUKUNFT ESSEN?
ZUKUNFT ESSEN setzt sich österreichweit für nachhaltige Verpflegung im Kindergarten- und Volksschulbereich ein. Wir bringen auch Expertise in den Bereichen der Senior*innen sowie Krankenhäusern mit und decken damit das gesamte Spektrum der Gemeinschaftsverpflegung im Zusammenspiel mit Großküchen ab.
Stichwort Großküche: Was gibt es hier zu beachten?
Bei großen Events wie etwa Sportveranstaltungen muss man für „die breite Masse“ kochen und versucht, mit seinem Angebot alle abzuholen – vom Veganer bis zum Fleischtiger. Die Essensbedürfnisse von Zuschauer*innen, Vereinsfunktionär*innen und Sportler*innen unter einen Hut zu bringen – und dabei den Aufwand in Grenzen zu halten – ist oft eine massive Herausforderung.
In welchen Bereichen können wir ein Event im organisierten Sport nachhaltig gestalten?
Das fängt bei der Energieversorgung an, geht über Fragen des Wasserverbrauchs, Recyclings und der Müllvermeidung bis hin zur An- und Abreise der Gäste bzw. Teilnehmer*innen sowie der Kommunikation. Einen wesentlichen Anteil macht die Verpflegung aus, hier beobachten wir sehr viele positive Veränderungen. Es bewegt sich einiges, denn unsere Ernährung verändert sich.
Was ist die Bedeutung von nachhaltiger Ernährung und wie können wir Veranstalter dafür sensibilisieren?
Nachhaltige Ernährung gehört zum Klimaschutz. Ein Drittel der Treibhausgase kommt aus dem Ernährungssektor (Anmerkung: Diese Zahl stammt vom Weltklimarat), da dieser zu einem ganz großen Teil auf die Produktion von tierischen Lebensmitteln zurückgeht. Die Empfehlung des Weltklimarates liegt bei einem Fleischkonsum von 2-3 Mal pro Woche. In Österreich liegen wir allerdings deutlich darüber, wir essen drei Mal mehr Fleisch im Durchschnitt.
Bei Veranstaltern im organisierten Sport argumentieren wir, dass Sportler*innen gesunde, hochwertige Ernährung brauchen, um leistungsstark und fit zu bleiben. Da sind Pommes und Würstel nicht die beste Wahl. Und gesunde Verpflegung ist gleichzusetzen mit nachhaltiger Ernährung.
Wie kann nachhaltige Verpflegung auf Sportevents erfolgreich umgesetzt werden?
Alles ist eine Frage der Zubereitung, Gestaltung und Präsentation. Klassiker wir Burger können beispielsweise ohne großen Aufwand in einer konventionellen Variante mit Fleisch und in einer fleischlosen Version zubereitet werden. Auf den ersten Blick ist es das gleiche Produkt, jedoch steht die vegane Variante besser da in Sachen Energie- und Wasserverbrauch, Nähr- sowie gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffen. Das bedeutet: Man muss nicht alles verändern. Sondern ein gängiges Gericht anpassen bzw. „vegetarisieren“ oder „veganisieren“. Doch schon die Reduzierung von Fleisch und die Beigabe von veganen Alternativen wie z.B. Sojageschnetzeltem in die Bolognesesauce leistet einen Beitrag zum Klimaschutz.
Zusätzlich spielt die Bezeichnung eine entscheidende Rolle, die Lust auf das vegane Gericht machen soll: So ergibt es wenig Sinn, Speisen „vegane Krautfleckerl“ oder „veganes Curry mit Kichererbsen“ zu nennen. Besser ist es, auf kreative Bezeichnungen zu setzen wie etwa „Karamellisierte Krautfleckerl nach Omas altem Rezept“ oder „Indisches Curry mit Sommergemüse“. Essenziell ist darüber hinaus die Platzierung der gesunden Alternativen auf der Speisekarte.
Aus Marketingsicht fällt auf: Zukunftsgewandte Sportvereine, die auf Nachhaltigkeit setzen, können sich gerade im Bereich der Verpflegung sehr gut positionieren. Vor allem bei jungen Menschen kommt das gut an. Jugendliche engagieren sich für Tierwohl bzw. artgerechte Tierhaltung. Und immer mehr Heranwachsende verzichten auf Fleisch aus Klima- und Tierschutz.
Welche Kriterien sollten von Veranstaltern hinsichtlich der Auswahl von Lieferanten beachtet werden?
Ganz oben auf der Prioritätenliste steht: regional, biologisch und saisonal einkaufen. Kleinbäuerliche Betriebe oder beispielsweise kleine, lokale Bäckereien sollten auf jeden Fall unterstützt werden. Zudem gibt es Webseiten, die bei der Entscheidung für Produkte biologischer Herkunft helfen – wie etwa Bio Austria.
Wir sollten die gesamte Wertschöpfungskette betrachten: Der Schweinebauer im Nachbarort ist nur dann ein regionaler Hersteller von Schweinefleischprodukten, wenn er sein eigenes Futter verwendet – und nicht aus Südamerika importiert. Grundlage des Öko-Landbaus ist ein möglichst geschlossener Betriebskreislauf.
Welche Schritte können wir unternehmen, um Lebensmittelverschwendung zu minimieren?
Selbstgemachte Tiefkühlware ist eine gute Wahl, um Lebensmittelverschwendung entgegen zu wirken. In der Präsentation der Speisen sollten relativ kleine, flache Gebinde verwendet und natürlich nicht mehr gebrauchte Lebensmittel gespendet werden. Hier bieten sich Foodsharing-Initiativen, soziale Einrichtungen oder Apps wie Too Good to go an. Aber auch die Sensibilisierung der Eventteilnehmer*innen ist gefragt: So können Boxen von zu Hause mitgenommen werden, um die Essenreste zu verwerten. Denn Lebensmittel sind kostbar und ihre Herstellung verraucht jede Menge Energie, Wasser etc.
Fazit
Grundsätzlich gibt es zwei Ernährungsempfehlungen: die österreichische Ernährungspyramide und die Planetary Health Diet, für eine nachhaltige und gesunde Lebensmittelversorgung. Im Sport denkt man bei der Verpflegung vorrangig an die Gesundheit und erst danach an die Nachhaltigkeit. Da aber beide Empfehlungen fast deckungsgleich sind, kann man gesunde Ernährung mit nachhaltiger Kost gleichsetzen. Dabei gilt: Weniger Fleisch und tierisches Fett, dafür mehr Hülsenfrüchte und Gemüse. Unsere Landwirtschaft ist vielfältig und bunt, daher können wir in Österreich das gesamte Spektrum abdecken.
Es geht nun darum, Vereine zu überzeugen, mit Mut und Durchhaltevermögen alte Gewohnheiten zu durchbrechen und nachhaltige Wege bei der Gestaltung von Events zu gehen. Der Verein ZUKUNFT ESSEN kann dabei unterstützen.
Der Verein ZUKUNFT ESSEN setzt noch bis 2027 gemeinsam mit Bio Austria das Projekt Bio in der Großküche? Das geht um. Es wird von Bund, Ländern und Europäischer Union gefördert. Mehr Informationen zum Projekt finden Sie hier.
+++Links:
ZUKUNFT ESSEN
Anna Strobach
Bilder: ©metaorange.de/Roland Dutzler/Luca Priller